Einleitung: Das Phänomen Louis de Funès
Louis de Funès war weit mehr als nur ein Schauspieler; er war ein Naturereignis, ein Vulkan des Humors, dessen Energie, Mimik und Gestik Generationen von Zuschauern begeisterten. Geboren als Louis Germain David de Funès de Galarza am 31. Juli 1914 in Courbevoie, Frankreich, entwickelte er sich von einem bescheidenen Musiker und Kleindarsteller zu einer Ikone des französischen und internationalen Kinos.
Seine einzigartige Mischung aus Hysterie, Wutausbrüchen, nervösem Zucken und unglaublicher Körperbeherrschung machte ihn unverkennbar. Ob als cholerischer Gendarm, geiziger Geschäftsmann oder exzentrischer Koch – Louis de Funès verlieh jeder Rolle eine unnachahmliche Tiefe und Komik.
Frühes Leben und der lange Weg zum Ruhm
Louis de Funès' Anfänge waren keineswegs glanzvoll. Er wuchs in einer spanischstämmigen Familie auf, die sich in Frankreich niedergelassen hatte. Nach einer unsteten Jugend und verschiedenen Gelegenheitsjobs, darunter als Fellgerber, Zeichner und vor allem als Pianist in Pariser Bars, entdeckte er erst spät seine Leidenschaft für die Schauspielerei.
Nach dem Zweiten Weltkrieg begann er, kleine Rollen im Theater und Film zu übernehmen. Es waren oft wortlose Auftritte oder kurze Szenen, in denen sein Talent für Mimik und körperliche Komik jedoch bereits durchblitzte. Über ein Jahrzehnt lang war er ein fleißiger, aber weitgehend unbekannter Nebendarsteller, der in über 80 Filmen meist ungenannt blieb.
Der kometenhafte Aufstieg zum Superstar
Der Durchbruch gelang Louis de Funès erst Mitte der 1960er Jahre, als er bereits über 50 Jahre alt war. Zwei Filme katapultierten ihn in den Olymp der Komödie:
- **"Der Gendarm von Saint-Tropez" (Le Gendarme de Saint-Tropez, 1964):** In der Rolle des cholerischen und pedantischen Gendarmen Ludovic Cruchot, der mit seiner Tochter und den Touristen im mondänen Saint-Tropez kämpft, fand er seine Paraderolle. Der Film war ein Riesenerfolg und zog mehrere Fortsetzungen nach sich.
- **"Fantomas" (Fantômas, 1964):** An der Seite von Jean Marais als Fantomas und Journalist Fandor spielte de Funès den tollpatschigen Kommissar Juve, der vergeblich versucht, den mysteriösen Verbrecher zu fassen. Diese Trilogie festigte seinen Ruf als Komiker.
Von da an folgte Hit auf Hit. Louis de Funès dominierte die französischen Kinokassen mit Filmen wie "Louis, der Spiesser" (Le Corniaud, 1965) und "Die große Sause" (La Grande Vadrouille, 1966), die zu den erfolgreichsten Filmen der französischen Kinogeschichte zählen.
Sein unverwechselbarer Stil: Die Kunst der Grimasse
Louis de Funès' Komik basierte nicht auf Witzen oder tiefgründigen Dialogen, sondern auf seinem einzigartigen physikalischen Ausdruck. Er war ein Meister der Mimik und Gestik:
- **Die Mimik:** Seine Gesichtsakrobatik war legendär. Von der zornigen Stirnfalte über das hochgezogene Augenbrauen bis zum nervösen Zucken der Mundwinkel – jede Grimasse war perfekt getimt und sprach Bände.
- **Die Gestik:** Seine Hände und sein ganzer Körper waren ständig in Bewegung. Er fuchtelte, schlug um sich, rannte in Panik, zuckte oder erstarrte in Schock. Diese körperliche Energie war ansteckend.
- **Die Wutausbrüche:** Seine berühmten Tiraden und Wutausbrüche, oft gegen seine Untergebenen oder unschuldige Passanten gerichtet, waren eine Mischung aus Verzweiflung und Komik.
- **Die Nervosität:** Er verkörperte oft den kleinen Mann, der von der Welt überfordert ist und dessen Nerven blank liegen, was zu unkontrollierbaren, aber urkomischen Reaktionen führte.
- **Die Lautstärke:** Sein Spiel mit Lautstärke, von leisem Gemurmel bis zum markerschütternden Schrei, war ein weiteres Markenzeichen.
Wichtige Filme und Meisterwerke (Auswahl)
- **"Louis, der Spiesser" (Le Corniaud, 1965):** Ein Roadmovie, in dem er als cholerischer Gauner einen ahnungslosen Autofahrer für einen Drogenschmuggel missbraucht.
- **"Die große Sause" (La Grande Vadrouille, 1966):** Gemeinsam mit Bourvil auf der Flucht vor den Nazis im besetzten Paris – ein absoluter Klassiker und einer der erfolgreichsten französischen Filme überhaupt.
- **"Oskar" (Oscar, 1967):** Eine rasante Slapstick-Komödie voller Verwechslungen und chaotischer Szenen in seinem eigenen Haus.
- **"Balduin, der Ferienschreck" (Le Grand Restaurant, 1966):** Als Restaurantbesitzer, der in eine Entführungsgeschichte verwickelt wird.
- **"Brust oder Keule" (L'Aile ou la Cuisse, 1976):** Als berühmter Restaurantkritiker, der gegen Fast-Food-Giganten kämpft.
- **"Die Abenteuer des Rabbi Jacob" (Les Aventures de Rabbi Jacob, 1973):** Eine politisch unkorrekte Komödie, in der er in jüdische Traditionen hineingezwungen wird.
- **Die "Gendarm"-Reihe (1964-1982):** Sechs Filme um den ewig nörgelnden Gendarmen Ludovic Cruchot.
Zusammenarbeiten und späte Karriere
Louis de Funès bildete mit einigen Regisseuren und Schauspielern kongeniale Teams. Besonders prägend war die Zusammenarbeit mit dem Regisseur **Jean Girault**, der für die meisten seiner "Gendarm"-Filme verantwortlich war, und mit **Gérard Oury** ("Die große Sause", "Louis, der Spiesser").
Seine Leinwandpartner, insbesondere der sanftmütige **Bourvil**, bildeten oft den idealen Kontrast zu seiner aufbrausenden Art und verstärkten so die komische Wirkung. Auch mit Yves Montand oder Claude Gensac, die oft seine Filmliebe oder Ehefrau spielte, hatte er eine hervorragende Chemie.
In den späten 1970er Jahren hatte Louis de Funès mit schweren Gesundheitsproblemen zu kämpfen, darunter zwei Herzinfarkte im Jahr 1975. Dies zwang ihn zu einer längeren Pause und zur Reduzierung seines Arbeitspensums. Er kehrte jedoch für einige weitere Filme zurück, darunter "Brust oder Keule" und den letzten "Gendarm"-Film, "Louis und seine verrückten Politessen" (Le Gendarme et les Gendarmettes, 1982).
Vermächtnis und Einfluss
Louis de Funès verstarb am 27. Januar 1983, aber sein Vermächtnis lebt weiter. Er bleibt eine der am meisten geliebten und einflussreichsten Figuren in der Geschichte der französischen Komödie. Seine Filme werden immer wieder im Fernsehen gezeigt und erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit bei Jung und Alt.
Sein einzigartiger Stil inspirierte unzählige Komiker weltweit und seine unverwechselbare Art, die menschlichen Schwächen und Absurditäten zu karikieren, ist zeitlos. Louis de Funès hat bewiesen, dass Komik keine Sprachbarriere kennt, wenn sie von einem Meister seines Faches dargeboten wird.
Zitate über und von Louis de Funès
"Er ist der einzige Komiker der Welt, der es schafft, sein Publikum mit einem einzigen Blick zum Lachen zu bringen." – Jean Girault (Regisseur)
"Um glücklich zu sein, muss man die Komödie des Lebens in vollen Zügen genießen." – Louis de Funès
Fazit
Louis de Funès war mehr als ein Komiker; er war ein Phänomen, ein Perfektionist, der sich unermüdlich der Komik verschrieben hatte. Seine Filme sind ein fester Bestandteil der Populärkultur und sein Lachen, seine Wut und sein Charme werden uns auf ewig in Erinnerung bleiben. Ein wahrhaft unvergesslicher König des Humors.
Louis de Funès – Komplette Filmografie (über 140 Filme)
Eine chronologische Auflistung der meisten Filme, in denen Louis de Funès mitgespielt hat, von seinen frühen, oft ungenannten Rollen bis zu seinen größten Erfolgen.
- Der Damenfriseur (Antoine et Antoinette) (1947) - uncredited
- Croisière pour l'inconnu (1948) - uncredited
- Der Doppeladler (L'Aigle à deux têtes) (1948) - uncredited
- Die Kartause von Parma (La Chartreuse de Parme) (1948) - uncredited
- Vire-vent (1948) - uncredited
- Rendezvous in Paris (Rendez-vous de juillet) (1949)
- Millionäre für einen Tag (Millionnaires d'un jour) (1949)
- Pas de week-end avec Madame (1950)
- Adémaï im Rettungsring (Adémaï au poteau-frontière) (1950)
- Die Pariserin (La vie est un jeu) (1951)
- Boniface, der Schneider (Boniface somnambule) (1951)
- Der unbekannte Passagier (Le Passager clandestin) (1951)
- Einmal eine Braut, niemals wieder (Sans laisser d'adresse) (1951)
- Der Glanz von Paris (La Poison) (1951)
- Ma femme est formidable (1951) - uncredited
- Le Dico des frères (Le Roi du Blayney) (1951)
- Die sieben Sünden (Les Sept péchés capitaux) (1952)
- Monsieur Taxi (Monsieur Taxi) (1952)
- Das kann jedem passieren (Elle et moi) (1952)
- Drei im Rosengarten (Les Dents longues) (1952)
- Don Camillos Rückkehr (Le Retour de Don Camillo) (1953)
- Die Damen vom Bois de Boulogne (La Traversée de Paris) (1953)
- Die Giftmischerin (La Marchande d'amour) (1953)
- Meine Frau, meine Schwiegermutter und ich (Mon Frère du Sénégal) (1953)
- Die Hochmütigen (Les Orgueilleux) (1953)
- Der Hammel mit den fünf Beinen (Le Mouton à cinq pattes) (1954)
- Karussell der Leidenschaften (Tourments) (1954)
- Fünf Gehminuten (Faisons un rêve) (1954)
- Der Sonntagsangler (Le Secret de Caroline) (1954)
- Ein Königreich für ein Pferd (Le Chevalier de Pardaillan) (1954)
- Die Fahrten des Monsieur Berrichon (Le Comte de Monte Cristo) (1954)
- Die Affären von Monsieur Berrichon (Les Dames du Bois de Boulogne) (1954)
- Napoleon (Napoléon) (1955)
- Paris, Flic (La Vie est belle) (1955)
- Oh, Ramona (Les Aventures de Gil Blas de Santillane) (1956)
- Die zwölf Gemeinen (La traversée de Paris) (1956)
- Mannequins de Paris (1956)
- Der Mode-König (La Traversée de Paris) (1956)
- Inspektor in Gefahr (Comme un cheveu sur la soupe) (1957)
- Vier Tage Föhn (Comme un cheveu sur la soupe) (1957)
- Wenn Louis Vuiton (Ni vu, ni connu) (1958)
- Taxi, Roulotte et Corrida (1958)
- Ein Weib wie Satan (La Femme et le pantin) (1959)
- Die grüne Stute (La Jument verte) (1959)
- Ein Bär auf dem Schiff (Certains l'aiment froide) (1960)
- Der tolle Amerikaner (Le Mouton à cinq pattes) (1960)
- Die Französin und die Liebe (La Française et l'Amour) (1960)
- Louis, das Schlitzohr (Candide ou l'optimisme au XXe siècle) (1960)
- Die Vögel sterben im Peru (Les Amants de demain) (1961)
- Fettaugen (Le Capitaine Fracasse) (1961)
- Immer die Katze! (Les Petits Matins) (1962)
- Ein Herr im Haus (Le Gentleman d'Epsom) (1962)
- Der Teufel und die Zehn Gebote (Le Diable et les Dix Commandements) (1962)
- Wir bitten zum Duell (Pouic-Pouic) (1963)
- Fünf Glückspilze (Les Veinards) (1963)
- Faites sauter la banque! (1964)
- Fantomas (Fantômas) (1964)
- Immer Ärger mit den Gendarmen (Le Gendarme de Saint-Tropez) (1964)
- Balduin, der Geldsack (Les Gorilles) (1964)
- Louis, der Spiesser (Le Corniaud) (1965)
- Fantomas gegen Interpol (Fantômas se déchaîne) (1965)
- Die große Sause (La Grande Vadrouille) (1966)
- Balduin, der Ferienschreck (Le Grand Restaurant) (1966)
- Louis de Funès und die Ferienkolonie (Le Grand Gendarme) (1967)
- Oscar (Oscar) (1967)
- Balduin, der Drückeberger (Le Petit Baigneur) (1968)
- Der Gendarm von Saint-Tropez (Le Gendarme se marie) (1968)
- Louis de Funès und die Überlebenstheorie (Faites sauter la banque!) (1968)
- Louis und seine außerirdischen Kohlköpfe (Le Gendarme et les extra-terrestres) (1969)
- Hibernatus (Hibernatus) (1969)
- Der Mann im roten Ford (L'Homme orchestre) (1970)
- Louis und die verrückten Reichen (La Folie des grandeurs) (1971)
- Jo (Jo) (1971)
- Hasch mich, Johnny (Sur un arbre perché) (1971)
- Die Abenteuer des Rabbi Jacob (Les Aventures de Rabbi Jacob) (1973)
- Brust oder Keule (L'Aile ou la Cuisse) (1976)
- Der Querkopf (La Zizanie) (1978)
- Louis, der Geizkragen (L'Avare) (1980)
- Louis und seine verrückten Politessen (Le Gendarme et les Gendarmettes) (1982)
Diese Liste beinhaltet die wichtigsten und bekanntesten Filme von Louis de Funès. Seine frühen Jahre waren geprägt von zahlreichen kleinen Rollen, oft ohne Nennung im Abspann, was eine lückenlose Auflistung extrem schwierig macht.
Die Liste oben umfasst jedoch seine prägendsten Werke und einen Großteil seiner filmischen Karriere.